Vorbemerkung
Josef Schwab
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Peter Emmerich

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Interview mit Josef Schwab

von Peter Emmerich (1985)

Peter Emmerich
Wer verbirgt sich hinter dem Namen Josef Schwab? Erzähle doch 'mal einige persönliche Dinge über dich!
Josef Schwab
Geboren wurde ich am 19. November 1944 in Salzburg. Meine Schulbildung ging über die Volks- und Hauptschule zur Höheren Technischen Lehranstalt mit der Fachrichtung Hochbau. Danach arbeitete ich einige Jahre lang in einem Architekturbüro. Momentan arbeite ich als Bauingenieur beim Amt der Salzburger Landesregierung. Ich bin verheiratet und habe einen siebzehnjährigen Sohn.
Peter Emmerich
Und deine Hobbys?
Josef Schwab
Ja, außer der Fantasy und SF lese ich noch gerne historische Romane, besonders die von Mika Waltari. Dann interessiere ich mich noch sehr für Geschichte, Grenzwissenschaften und besonders für Esoterik (Magie, Okkultismus und Kabbalistik)...
Peter Emmerich
Deshalb auch Deine Vorliebe für Artikel über Elfen, Geisterreiche, Einhörner...
Josef Schwab
Ja, Themen dieser Art setze ich nicht nur sehr gerne graphisch um, sondern ich schreibe auch gerne darüber, wenngleich mir das Schreiben viel schwerer als das Zeichnen fällt.
Peter Emmerich
Deinen Artikeln sieht man das aber nicht an, sie lesen sich recht gut und flüssig...
Josef Schwab
Ich tippe einen Artikel ja auch immer drei bis viermal ab, bevor er mir einigermaßen gefällt.
Peter Emmerich
Wann und wo erschien dann dein erster Artikel?
Josef Schwab
Mein erster Artikel "Der Bogen des Odysseus" erschien im November 1979 in FANTASIA Nr. 4. Er war noch recht klein, knapp zwei Seiten.
Peter Emmerich
Damals erschien dann auch deine erste Zeichnung...?!
Josef Schwab
Erinnere mich nicht daran! Wenn ich mir heute das Bild vor Augen halte... schrecklich!!!
Peter Emmerich
Jeder fängt einmal irgendwo an. Was war bei dir der ausschlaggebende Punkt, daß du mit dem Zeichnen begonnen hast?
Josef Schwab
Begonnen hat das eigentlich mit meinem beruflichen Wechsel ins Bauamt. Davor war ich relativ viel am Zeichentisch gestanden und hatte Baupläne produziert. Dadurch hatte ich natürlich keine Lust, in meiner Freizeit auch noch zu Feder und Tusche zu greifen.
Wie gesagt, das änderte sich dann mit meinem neuen Aufgabengebiet, in welchem ich mit mehr administrativen Arbeiten betraut wurde. Als ich dann mit dem EDFC in Kontakt kam und mich entschloß, bei FANTASIA produktiv mitzuarbeiten, dachte ich in erster Linie an das Verfassen von Artikeln. Aber natürlich muß ein Artikel auch illustriert und mit Überschriften versehen werden und mir schwebte da ein Ergebnis vor, bei dem Text, Schrift und Illustration ein harmonisches Gesamtbild ergeben. Mangels Kontakten zu entsprechenden Mitarbeitern blieb mir schließlich nichts anderes übrig, als das Zeichnen selbst zu versuchen und letztlich auch das Tippen und die Gesamtgestaltung zu übernehmen. Der Beginn verlief, ich denke nicht gerne daran, recht kläglich, aber von Zeichnung zu Zeichnung ging es dann besser.
Peter Emmerich
Was sich ja problemlos beweisen läßt, bereits im Oktober 1980 erschien in FANTASIA 7/8 ein längerer Artikel "Elfen" von dir, den du auch selbst illustriert hast. Hier war doch schon eine eindeutige Weiterentwicklung deines Könnens zu beobachten?
Josef Schwab
Ich stehe meinem eigenen Können eigentlich selbst sehr kritisch gegenüber, aber ich muß dir recht geben, ein kleiner Fortschritt war in dem Elfen-Artikel schon zu bemerken.
Peter Emmerich
Ebenfalls in FANTASIA 7/8 habe ich einige Rezensionen von dir entdeckt, die du mit abgekupferten Zeichnungen versehen hast. Kupferst du gerne ab?
Josef Schwab
Eigentlich nicht. Die Zeichnungen haben nur so gerade zu den Rezis gepaßt.
Peter Emmerich
Du orientierst dich also nicht an bereits bestehenden Zeichnungen?
Josef Schwab
Nein! Ich mache das anders...
Peter Emmerich
Wie?
Josef Schwab
Nun, einfach gesagt, mit Fotovorlagen. An sich bin ich ein völliger Autodidakt und besonders bei Personen oder Tieren, die ich sehr genau zeichnen will, auf Vorlagen angewiesen. Dazu dienen mir in erster Linie Drucke, die ich aus Magazinen und Illustrierten ausschneide und in Ordnern sammle. Ergänzt wird das natürlich noch durch ein Anatomiehandbuch, nachdem ich mich ebenfalls richte.
Peter Emmerich
Ist das nicht enttäuschend für einen Künstler nicht "frei heraus" zeichnen zu können?
Josef Schwab
Nein, denn so "frei heraus" arbeiten auch Größen wie Vallejo, Rowena oder die Brüder Hillebrandt nicht. Ich erwähne gerade diese drei, weil ich von ihnen spezifisch weiß, daß sie zuerst Skizzen machen, dann die Posen der Figuren von Fotomodellen nachstellen lassen und dann nach Fotos zeichnen beziehungsweise malen. Ich würde natürlich auch lieber nach Fotos malen, beziehungsweise zeichnen. Meine Frau wäre ein recht gutes Modell und mein Sohn ebenso. Aber du weißt ja selbst, das fotografieren, wenn man nicht selbst entwickelt, recht teuer ist. So suche ich mir, nachdem ich einen Entwurf fertig habe, Köpfe, Hände und Beine aus meinen Unterlagen zusammen. Manchmal habe ich Glück und finde eine Vorlage mit einer Figur, die ziemlich genau die gewünschte Stellung hat, aber meist sind meine Personen aus mehreren Vorlagen zusammengesetzt.
Peter Emmerich
Deshalb kann einem das eine oder andere Bild doch mal bekannt vorkommen?
Josef Schwab
Ja. Dazu kurz ein "Vorfall", der mich doch recht amüsiert hat. Ich habe mir vor einiger Zeit aus einer Zeitschrift das Foto eines Wasserfalles im Pinzgau ausgeschnitten um es vielleicht einmal auf einem Gemälde zu verwenden. Als ich mir vor kurzem Joy Chant "Könige der Nebelinseln" kaufte, mußte ich feststellen, daß mir der Illustrator zuvorgekommen war. Er hat tatsächlich "meinen" Wasserfall ebenfalls in die Hand bekommen und ihn haargenau bis zum letzten Stein nachgemalt. Hätte ich den Wasserfall ebenfalls gemalt und einmal im Fandom ausgestellt, hätte jedermann, der Joy Chants Buch kennt, mich bezichtigt, daraus abgekupfert zu haben. So leicht kann man in Verruf kommen.
Peter Emmerich
Ich möchte nochmals auf deine künstlerische Ausbildung zu sprechen kommen. Du sagtest vorhin, du seist ein Autodidakt, du hast also nie eine schulische Ausbildung im künstlerischen Zeichnen erfahren?
Josef Schwab
Nur die allgemeine im Rahmen des normalen Schulunterrichts. Nachdem ich mit dem Zeichnen begonnen hatte, wollte ich einmal einen Akt-Zeichenkurs mitmachen, aber alle anderen Kursteilnehmer produzierten nur Kritzeleien und Kleckse, die wenig mit dem anwesenden Aktmodell gemein hatten. Meine Versuche, das Modell naturgetreu abzuzeichnen stießen nur auf mitleidiges Lächeln. Der Professor erklärte mir, daß diese Darstellungsweise seit der Erfindung der Fotografie überholt
sei. Da beschloß ich, mich im Selbstunterricht weiterzubilden.
Neben dem schon erwähnten Anatomiehandbuch studierte ich immer wieder Hal Fosters PRINZ EISENHERZ und Alex Raymonds FLASH GORDON...
Peter Emmerich
Von denen du dann auch abgezeichnet hast?
Josef Schwab
Anfangs ja, aber mehr zu Übungszwecken. Damit habe ich schon sehr lange aufgehört. Das kann man sich nämlich gar nicht erlauben, wenn man seine Arbeiten im Fandom veröffentlichen will.
Wenn ich FANTASIA oder MAGIRA durchblättere, kann ich dir genau sagen, wer von wo abgezeichnet hat, und sicher gibt es unter den Lesern noch eine Menge anderer Spezialisten, die genau erkennen, was abgekupfert ist. Ich habe es dir vorhin schon kurz erklärt, woher ich meine Vorlagen beziehe. Natürlich studiere ich auch laufend Comics, Buchillustrationen und Coverbilder und versuche, daraus zu lernen. Da kann es natürlich schon sein, daß man dabei bewußt oder auch unbewußt inspiriert wird, aber absichtlich zeichne ich schon lange nicht mehr von anderen Künstlern ab.
Peter Emmerich
Wo hast du denn die größten zeichnerischen Schwierigkeiten?
Josef Schwab
Nun, ich kann ohne Probleme eine bekleidete Gestalt zeichnen, aber für einen nackten Körper benötige ich für das Darstellen der einzelnen Muskeln, sowie für das Spiel der Schatten auf den Körperpartien doch unbedingt eine meiner Fotovorlagen. Noch ein anderes Beispiel: Ich kann dir ungefähr ein Pferd aufzeichnen, aber wenn ich darstellen will, wie sich bei einer bestimmten Stellung die Muskeln und Sehnen anspannen und sich Licht und Schatten verteilen, dann bin ich mit meinem Können sehr schnell am Ende. Hier hilft nur das intensive Studium entsprechender Fotos.
Peter Emmerich
Wie ich mittlerweile weiß, arbeitest du nicht nur in schwarz/weiß!?
Josef Schwab
Ja, und das hat einen einfachen Grund. Es hat mich sehr bald zu farbigen Arbeiten hingezogen, zuerst in Aquarell- und dann zur Ölmalerei. Seither verfasse ich zwar nach wie vor für die Publikationen des EDFC s/w-Arbeiten, aber meine hauptsächliche Freizeitbeschäftigung ist das Malen geworden.
Peter Emmerich
Was sind denn deine bevorzugten Motive?
Josef Schwab
Vom Bereich "Schwert und Magie" interessiert mich besonders der magische Anteil, darunter die Welt der Geister. Wie du weißt, habe sich meine Artikel und Zeichnungen für FANTASIA vorwiegend mit diesem Thema beschäftigt.
Ansonsten umfassen meine Motive den ganzen Bereich der Fantasy. Eine besondere Vorliebe kann ich freilich nicht leugnen, nämlich die Darstellung schöner Frauen. Ich male und zeichne gern attraktive Amazonen und auch sonst tauchen in meinen Bildern gern Frauen auf. Dazu muß ich betonen, daß ich es primitiv finde, wenn weibliche Wesen auf den Covers der Fantasy- und SF-Bücher nur als Blickfang verwendet werden; z.B. wenn bei einer Kampfszene völlig beziehungslos irgendwo ein nacktes Mädchen kauert. Aber wenn, um bei diesem Beispiel zu bleiben, einer der Kämpfer eine kriegerische Amazone ist, dann ist dagegen nichts einzuwenden, selbst wenn die Dame ein wenig spärlich bekleidet ist. Bekanntlich gingen ja viele keltische Stämme sogar splitternackt in den Kampf. Mit anderen Worten ausgedrückt, Frauen sollten entweder das Hauptmotiv oder ein integrierter Teil des Hauptmotives sein und nicht vereinsamte, kaum dazu passende Statisten.
Peter Emmerich
Noch ein paar Worte zu deiner bevorzugten Zeichentechnik. Erzähle doch darüber mal etwas.
Josef Schwab
Es gibt Zeichner, die einen reinen Licht-Schatten-Stil ausüben. Das extreme Gegenbeispiel dazu ist eine Technik, bei der durch Schraffieren und Punktieren von Flächen auch noch die verschiedensten Grautöne erzielt werden. Das kann so weit getrieben werden, daß ein fast fotografischer Effekt entsteht. Nachdem ich alles mögliche versucht habe, bevorzuge ich nun einen Stil, der etwa in der Mitte zwischen diesen beiden Extremen liegt. Jenachdem dargestellten Motiv pendelt er allerdings auch nach der einen oder anderen Seite aus.
An Zeichengeräten habe ich so ziemlich alles was auf dem Markt ist durchprobiert: Rapidograph, Spitzfedern, Filzstifte, Pinsel u.s.w. Und bei allen diesen Geräten habe ich Vor- und Nachteile entdeckt. Der Rapidograph hat den Vorteil, daß er eine Tuschekammer besitzt, aber den Nachteil, daß der Tuschefluß verhältnismäßig langsam ist und das Zeichentempo hemmt. Zum ziehen von Strichen mit dem Lineal ist er jedenfalls unerläßlich. Mit Zeichenfedern in einem Federkiel muß man zwar ständig die Tusche eintauchen, aber im Endeffekt kann man schneller mit ihnen arbeiten.Die Federn sind vorne gespalten und wenn man sie andrückt, geben sie einen breiteren Strich. Sie erzeugen also einen dynamischeren Effekt als der Rapitograph und man kann alles in allem mit ihnen schneller arbeiten. Ich verwende daher vorzugsweise diese Federn. Man möchte gar nicht glauben, wieviele Arten von ihnen es zu kaufen gibt. Da sie sehr preiswert sind, habe ich mir einfach zwei Stück von jeder Sorte besorgt, sie durchprobiert und die mir zusagenden herausgesucht. Nur mit dem Pinsel zu zeichnen, damit habe ich mich nie so recht anfreunden können, obwohl er mir vom Malen her eigentlich vertraut wäre. Ich verwende ihn in den Stärken 0 und 3 zum Anlegen von Flächen und für gröbere Linien und Schattierungen. Unentbehrlich ist neben der schwarzen auch weiße Tusche. Man benötigt sie für Korrekturen und für bestimmte Effekte auf schwarzem Untergrund.
Peter Emmerich
Glaubst du, daß du deine Zeichentechnik noch verbessern kannst?
Josef Schwab
Ich zeichne jetzt sechs Jahre, anfangs nur sporadisch, in letzter Zeit häufiger. Wenn ich so betrachte, was ich in dieser Zeit produziert habe, angefangen mit meinem ersten kläglichen Versuch in FANTASIA 4, darf ich mir selbst einen beachtlichen Fortschritt konstatieren. Du hast mir ja gesagt, daß zusammen mit einem Portfolio von mir ein Tarzan-Artikel erscheinen soll, den ich 1983 illustrierte (siehe EDFC FANTASIA 24/25). Ich denke, auch im Vergleich zwischen diesen Bildern und dem, was ich heute mache, ist eine entsprechende Weiterentwicklung festzustellen. Das verschafft mir den Optimismus, daß ich mich weiterhin steigern kann.
Peter Emmerich
Wie sieht das in der Praxis aus?
Josef Schwab
Ich bin sehr selbstkritisch und versuche natürlich immer dazuzulernen. Ich stecke mir ein Ziel und denke mir, wenn du so oder so zeichnen kannst, darfst du zufrieden sein. Aber wenn ich dieses Können erreicht habe, ist das Ziel inzwischen in die Ferne gewandert und meine Ansprüche an mich sind höher geworden. Beim Malen geht es mir genauso. Ich arbeite an jedem Gemälde so lang, bis es dem Höchststand meiner augenblicklichen Fähigkeiten entspricht. Ein Jahr später stelle ich dann fest, daß ich dasselbe Bild jetzt wesentlich besser fertig bringen würde. Das hat leider zur Folge, daß mir meine alten Bilder nicht mehr so gefallen, aber es gibt mir andererseits die berechtigte Hoffnung, daß ich mich weiterhin verbessern kann.
Peter Emmerich
Hegst du die Hoffnung, einmal ins Profilager wechseln zu können? Wie stellst du dir deine zeichnerische Zukunft vor?
Josef Schwab
Wenn man einmal wie ich ein gewisses Alter und eine gesicherte berufliche Position erreicht hat und verheiratet ist, ist man kaum gewillt, ein finanzielles Risiko einzugehen. Abgesehen davon, daß ich auch meinen erlernten Beruf ganz gern ausübe, bezweifle ich, daß ich jemals als hauptberuflicher Maler oder Illustrator mehr verdienen könnte. Selbst in den USA gibt es nur ganz wenige SF- und Fantasykünstler, die von ihrer Tätigkeit wohlhabend oder gar reich geworden sind. Weit mehr können mit ihrem Schaffen gerade das Lebensnotwendigste verdienen oder sind genötigt, noch einen anderen Job auszuüben (das selbe gilt bekanntlich ja auch für die Schriftstellerei). So wird das Zeichnen für mich in erster Linie ein Hobby bleiben. Was das Malen betrifft, so liebäugle ich schon damit, eines Tages an einen Verlag heranzutreten und das eine oder andere Bild für Covers anzubieten. Wenn ich dabei keinen Erfolg habe, wird es zumindest finanziell von untergeordneter Bedeutung sein. Ich brauche diesen Verdienst ja nicht für meine tägliche Existenz. das hat den großen Vorteil, daß ich keine Konzessionen machen müßte. Ich male so, wie es mir persönlich gefällt und bin froh, daß meine Frau mit meinem Geschmack übereinstimmt. Wenn das, was ich male, auch noch anderen Leuten gefällt und ich nebenbei damit auch noch Geld verdienen könnte, wäre es mir recht. Aber ich würde nicht, um Bilder verkaufen zu können, komplett meinen Stil wechseln. Der Fantasyboom könnte ja einmal vorbei sein. Was dann? Wenn ich davon leben müßte, bliebe mir nichts anderes über, als mich umzustellen und vielleicht etwas zu produzieren, bei dem ich totunglücklich wäre.
Peter Emmerich
Welches sind denn deine bevorzugten Fantasykünstler?
Josef Schwab
Da steht einmal an erster Stelle Rodney Mathews, der zahlreiche Bilder zu den Romanen von Michael Moorcock angefertigt hat. In gewissen Einzelheiten ist er mir fast zu bizarr, aber im großen und ganzen ist er für mich der größte und derjenige, der die fantasyvollsten Welten darstellt. Dann kommt Vallejo, der wahrscheinlich zur Zeit der bestbezahlteste Fantasykünstler ist und zu den wenigen Ausnahmen im Geldverdienen zählt, von denen ich vorher sprach. Abgesehen davon, daß er seine Bilder nicht nur auf Buchumschlägen, sondern auch auf Poster, Ansichtskarten und in Bildbänden vermarktet, verlangt und bekommt er für ein Original stolze DM 20.000,--. Diese Verkaufserfolge haben ihn allerdings in letzter Zeit dazu verleitet, Quantität statt Qualität zu erzeugen. Sein neuester Bildband "Enchantment" war ziemlich enttäuschend.
Peter Emmerich
Und wie sieht es mit Frazetta aus?
Josef Schwab
Frazetta stehe ich ein wenig zwiespältig gegenüber. Er macht zum Teil hervorragende Sachen, aber auch vieles, das weniger beeindruckt. Sicher haben andere Künstler ihn inzwischen überrundet,
aber man muß natürlich auch bedenken, daß die alle von ihm abgeschaut haben. Er hingegen war ein Mann der ersten Stunde, der den anderen erst einmal die Richtung wies. Das muß man wirklich anerkennen und berücksichtigen. Was mich an Frazetta u.a. fasziniert, ist sein Geschick, recht oberflächlich und oft unter völliger Vernachlässigung oder Verfälschung anatomischer Details zu arbeiten, aber durch das präzise Ausarbeiten einiger weniger ins Auge springender Details einen exakten Gesamteindruck zu vermitteln.
Peter Emmerich
Willst du noch einige Worte zu deiner allgemeinen Einstellung gegenüber der Fantasy sagen?
Josef Schwab
Zuerst einmal sehe ich in der Fantasy eines der wenigen Gebiete, auf denen heutzutage noch wirkliche Kreativität möglich ist. Da sind der Erfindungsgabe, sei es nun in der Literatur, im Film oder in der darstellenden Kunst, keine Grenzen gesetzt. So wie ich Rodney Mathews wegen seines Einfallssreichtums als Künstler bevorzuge, schätze ich auch im literarischen Bereich der Fantasy jene Schriftsteller am meisten, die wirklich ideenreich sind, die nicht einfach irdische Völker auf fremde Planeten versetzen, sondern völlig neue vergangene und zukünftige Kulturen kreieren. Ursula LeGuin ist da wohl das beste Beispiel dafür, aber auch Gene Wolf oder deCamp können da genannt werden. Zum zweiten ist Fantasy für mich der literarische Weg, Alternativen zum mechanistischen Weltbild zu suchen. Auf die Frage nach meinen Lieblingsautoren möchte ich da nochmals pauschal alle Schriftsteller nennen, die sich ernsthaft mit solchen alternativen Weltanschauungen auseinandersetzen. Die Thematik ist dabei ungemein vielfältig, das geht von der New-Age-Bewegung über die Peter Wilfert beim Kongreß der Fantasie in Passau referiert hat, bis hin zu jenem Bereich, wo die Fantasy in die rein esoterische und okkulte Literatur übergeht. So wie die Abgrenzung zur SF nicht immer ganz einfach ist, kann man ja auch hier keinen exakten Trennstrich ziehen.

 

Hinweis


Das nebenstehende Interview wurde zu einem großen Teil auf schriftlicher Basis in den Monaten August 1984 bis Juli 1985 geführt.

Unter dem Titel "Fantasiazeicher stellen sich vor" wurde es in FANTASIA 24/25 (EDFC 1985) veröffentlicht.


weiterführende Links


Homepage EDFC